Filznadeln und Dreadlocks – der Traum vom schnellen Filz

Die Filznadel – ein Mythos des schnellen Dreadens

Es gibt ein Wort, bei dem jede*r gute Dreadersteller*in zusammenzuckt. Filznadel. Filznadel. Filznadel. Wenn du bist jetzt keinen Schauer verspürt hast oder wenigstens eine böse Vorahnung hattest, ist der folgende Artikel wie für dich gemacht. Aber schäme dich nicht, auch ich hatte mal eine Filznadel für Dreadlocks. Es gab einst ein Märchen von einer Nadel, die aus losem Haar den perfekten Dead erstellte. Warum das allerdings ein Märchen bleibt, ganz egal, wie man es dreht und wendet und warum die Zeit der wahre Held der Geschichte ist, erfährst du hier.

Ansätze und Längen: wie die Filznadel Dreads und alles zerstört

Es mag zunächst logisch klingen, dass man, wenn man den Filzprozess von Dreadlocks beschleunigen möchte, zu einer Filznadel greift. Schließlich soll sie, wie der Name besagt, dazu beitragen, dass Gewebe verfilzt. Und tatsächlich: wenn man mit einer feinen Filznadel im Dread oder Ansatz des Dreads herumstochert, fühlt er sich zunächst fester an, die losen Haare verschwinden und bumsfallera, hat man einen Dread wie er im Buche steht. Und bumsfallera: ein paar Wochen später hängt das arme Ding am seidenen Faden aka letztem verbliebenen, heilem Haar und geht seinen geschmeidigen Gang in die ewigen Filzgründe. Denn eine Filznadel für Dreads mag kurzfristig erfolgreich sein, doch sie zerstört die Haare in den Dreadlocks. Die feinen Widerhaken reißen sie kaputt, sodass mit jeder Session mehr Haare auseinandergerissen werden. Mit der Zeit dünnt der Dread auf diese Weise von innen aus.

Gut Filz will Weile haben

Ich weiß, ich weiß: Geduld ist auch nicht meine Stärke. Aber Dreadlocks zu haben bedeutet vor allem, einem Prozess zusehen zu können. Wenn du auch eher von der „I want it all, i want it now“- Faktion bist, muss ich dir dringend eine Mediation zur Entspannung empfehlen. Zum Entschleunigen. Denn Entschleunigung ist etwas, das dem Filzprozess deiner Dreadlocks zugute kommt. Wusstest du, dass beim Filzen die Haarschuppen der einzelnen Haare ineinandergreifen? Sich verhaken? Und so diese wunderbaren, dichten Dreadlocks entstehen? Wusste ich auch nicht. Faszinierend, was man alles bei der DreadFactory lernt. Wie auch immer. Zurück zum Thema: Filz. Wenn du das Bedürfnis hast, irgendetwas zu tun, um die Dreadlocks zumindest zu unterstützen (ich stelle mir Cheerleader vor…), kannst du dir a) einen Termin bei einer/m DreadFactory-Mitarbeiter*in machen und dir Ansätze und Längen professionell pflegen lassen oder b) selbst zur Häkelnadel greifen. Ich faules Stück tue beides zu wenig, finde aber eine Kombination ganz gut: eine regelmäßige Pflege von Dreads bewahrt dich auf jeden Fall vor einer großen Filzmatte. Außerdem bekommst du einen professionellen Statusbericht über deine Kopfhaut und die Dreads, die du eher selten zu Gesicht bekommst. Weißt du, ob die Dreads auf deinem Hinterkopf Seifenreste in sich haben? Oder Schuppen? Oder ein Vogel dort ein Ei gelegt hat?

Rockstar Häkelnadel

Eine Häkelnadel hat nur einen Widerhaken, der immer wieder in den Dread oder Ansatz geführt wird und so lose Haare in das innere des Dreads zieht. Oder sich unter dem Fingernagel verhakt, so dass mir übel wird und mich frage, ob ich den gesamten Finger einfach abnehmen lassen sollte oder den Mumm habe, die Nadel herauszuziehen (ich habe noch alle Finger, falls du dich jetzt fragst, wie diese Geschichte ausgeht). Das ist übrigens noch ein Punkt, warum ich eine regelmäßige professionelle Pflege empfehle: solche Verletzungen kann man durch Übung vermeiden und Profis haben definitiv mehr Routine und ihre eigenen Tricks, solche Stichverletzungen zu umgehen. Aber ich werde nicht müde es zu erwähnen: es ist durchaus möglich, es zu übertreiben. Wie Lysander in Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ so schön sagt: „Doch wie der Magen nach allzu vielem Zuckerguss häufig sich erbrechen muss..“, brechen auch die besten Dreadlocks in sich zusammen, wenn sie zu viel gehäkelt werden. Denn auch hierbei entstehen kleine Schäden. Es gibt allerdings verschiedene Häkelmethoden, die für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. 

HäCkeln

Nein, es sind nicht die Methoden „häkeln“ und „häckeln“ gemeint. Ich möchte nur die Gelegenheit nutzen ein für allemal klarzustellen: es heißt häkeln! Nicht „häckeln“, „hekeln“ oder „heckeln“. Jetzt, wo wir das kurz geklärt haben, möchte ich dir die zwei wichtigsten Häkelmethoden vorstellen, die du immer mal wieder anwenden kannst, um deine Dreads in Form zu bringen. Stochern. Klingt trivial? Ist es auch! Das ist tatsächlich der professionelle Begriff dafür, trifft auch ganz gut zu. Du nimmst dabei den Dread zwischen Daumen und Zeigefinger, wahlweise noch den Mittelfinger dazu und stocherst in dem Dread herum und arbeitest dich so der Länge nach an dem Dread entlang. Dabei ziehst du die losen Haare immer wieder in den Dread. Dreh den Dread dabei immer mal wieder um die eigene Achse, um einen runden Dreadlock zu bekommen. Weben – aka „old school crocheting“. Du zwirbelst lose Haarsträhnen, die eigentlich in den Dread gehören, und greifst sie mit der Häkelnadel, bzw. wickelst die gezwirbelte Strähne um den Haken der Nadel. Dann ziehst du die Strähne in den Dread oder den Ansatz. Die Methode ist wesentlich schonender, dauert aber länger. Profis verzichten auf diese Methode, da sie nicht ganz so haltbar ist und außerdem eine etwas ungleichmäßige Struktur erzeugt, bei welcher die umwickelten Strähnen später noch erkennbar sind. Das Fazit: eine Filznadel für Dreads gibt es nicht. Es gibt keine gute Filznadel, sondern nur verschiedene Häkelmethoden, die dir in Maßen helfen, deinen Dread beim Filzprozess zu unterstützen. Hier findest du verschiedene Häkelnadeln.

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